Oh Gott, ein Waldkindergarten? Wie schön, aber das könnte ich nie!
Genau die Phrase habe ich in den letzten drei Jahren als Waldkindergarten-Mama zur Genüge gehört.
Hauptbedenken dabei sind meistens, dass das Kind nicht genug lernt, es zu oft krank wird und die Sorge um Zecken. Darüber hinaus geht es um Kleidungsfragen und das zu wenig individuelle.
Aber bevor ich mit meinem Bericht über unsere Waldkindergarten-Erfahrung starte, möchte ich betonen, dass jeder sein Kind doch bitte dahin schicken möge, wo er oder sie es für am besten aufgehoben hält. No judgements, please ✌?.
Unsere Waldkindi-Zeit begann, als Madita ungefähr 2 1/4 Jahre alt war. Schon früher, als wir hier an den See gezogen waren, hatte ich versucht Lotta im Wald anzumelden, war aber an der Warteliste gescheitert. Madita hingegen meldete ich recht früh an und bekam schnell die Zusage für einen Platz in der Waldspielgruppe. 3 Tage á ca. 4 Stunden Betreuung. Hörte sich für mich bzw. unser damaliges Au Pair Kaitlin super an. Man hätte genug Zeit für den Musikgarten und gemütliche Morgende zu zweit, auf der anderen Seite aber auch etwas Luft und Madita unglaublich viel Freude am Erkunden des Waldes.
Die Waldspielgruppe hatte zu Madita’s Zeit immer so um die 4-6 Kinder und zwei Erzieherinnen. Die Eingewöhnung verlief (fast wie erwartet) problemlos. Allerdings gab es Tage, an denen die kleine Dame einfach nicht ausgeschlafen war, oder man lieber noch ein bisschen länger kuscheln wollte. Für unsere Waldkindi-Gruppe war das nie ein Problem. Während ich es aus Gemeindekindergärten gewohnt war, zu Gesprächen zu bitten, wenn Eltern ihre Kinder nicht regelmäßig brachten, wurde es im Waldkindergarten als vollkommen normal angesehen. Das ist übrigens auch heute noch so. So viel Toleranz und Akzeptanz habe ich in keinem anderen Kindergarten bisher gesehen. Auch in der Waldkindergarten-Gruppe, in die Madita dann kurz vor ihrem Dritten Geburtstag umzog, setzte sich diese Wertevorstellung fort. Besonders zu betonen ist, dass seit Beginn von Maditchens Waldzeit bis auf die Auszubildenden nicht eine Mitarbeiterin ihren Arbeitsplatz gewechselt hat !
Gerade am Anfang habe ich mich viel durchs Internet quergelesen, um Madita adäquat einkleiden zu können.
Wie auch viele andere Waldkindergarteneltern fahren auch wir mit dem Zwiebellook am Besten. Im Winter haben wir die ersten Jahre auf einen guten Schneeanzug vertraut (auch wenn es manchmal etwas blöd für den Gang zur Toilette war). Allerdings hatte Maditchen auch beschlossen sich die ersten 2 Jahre ihres Waldkindi-daseins dem Suhlen in Schlamm, Blättern, Schnee, Sand und was weiß ich noch alles zu widmen. Da war ein Schneeanzug und im Herbst ein Softshell-Anzug unabkömmlich.
Im Sommer gibt es bei uns immer Leggings. Die sind zum Einen gut, falls Madame wieder den Lieblingsberg auf dem Popo herunterrutschen möchte, zum Anderen sitzen sie so schön eng, dass Zecken wenig Möglichkeiten haben nirgendwo hoch zu krabbeln. Dadrüber muss dann ein Kleid oder Rock. Ein Tag ohne Rock oder Kleid ist schließlich ein verlorener Tag. Auch im Winter oder bei Regen muss ein Rock meistens über die übliche Montur. So viel also zum Thema Individualität. Geht alles mit der richtigen Einstellung.
Zum Thema Zecken im Wald kann ich folgendes sagen: ja, es gibt sie. Sie sind aber nicht nur im Wald, sondern auch auf jeder Wiese und im Garten. Das macht es nicht weniger gefährlich und ja, manchmal mache ich mir Sorgen. Genau deshalb wird Madita, sowie sie aus dem Kindergarten kommt, akribisch abgesucht und hat eine schöne Dusche. Danach geht es in komplett neue Klamotten. Hin und wieder finde ich dabei eine kleine Zecke, die sich schon festgebissen hat. Eine vollgesogene hatten wir aber noch nie. Da FSME aber ab dem Biss übertragen wird, ist Madita seit letztem Sommer geimpft. Nur um auf Nummer sicher zu gehen.
Aber wie ist das nun mit dem Malen und der Vorbereitung auf die Schule? Bei uns im Wald wird gemalt, und zwar so richtig viel, wenn man will. Und Madita will. Sie bringt oft gebastelte Dinge, überzogen mit Glitzer mit nach Hause und ist ganz stolz auf sich. Ihre Feinmotorik ist top, sie malt klasse und schneidet schon eine Ewigkeit, aber darüber habe ich mir sowieso nie wirklich Gedanken gemacht. Grobmotorisch ist sie natürlich weit entwickelt, was nicht wirklich verwunderlich ist, wenn man den ganzen Vormittag im Wald herumspringt und auf Bäume klettert.
Zur Vorbereitung auf die Schule kann ich nicht allzu viel sagen, da Madita erst nach den Sommerferien ein Vorschulkind ist. Sie liest jetzt schon die ersten Worte und interessiert sich für Zahlen. Das liegt wohl hauptsächlich an ihrer großen Schwester;)
Und übrigens ist Madita sehr selten krank. Allerdings gestehen wir ihr Tage zu, an denen sie einfach nicht in den Kindergarten möchte. Jetzt hat sie noch die Wahl, in einem Jahr muss sie dann ja gehen. In der Schule zählt ‚hat heute keine Lust‘ leider nicht. Es gab übrigens auch schon ein paar Tage, an denen der Kindergarten wegen Sturm geschlossen war, oder in die Schule verlegt werden musste. Und es ist natürlich auch nicht ganz unrelevant, dass der Kindi nur von 7:45 (wir kommen meistens so gegen 8:45) bis 12:45 ( da kommen die Kinder und Erzieherinnen geschlossen zum Parkplatz) aufhat. Das ist blöd für arbeitende Eltern. Aber länger würde kein Kind durchhalten, denn so ein morgen im Wald bedeutet richtig harte Arbeit. Madita kompensiert das meistens mit einem gepflegten 2-3 Stunden Mittagsschlaf:)
Ich für meinen Teil könnte mir keinen Besseren Platz für unsere Tochter vorstellen. Sie blüht im Wald auf, kennt viele Pflanzen, liebt die Natur und wandert gerne. Der Gruppenzusammenhalt ist außergewöhnlich, das Band zu Erzieherinnen ist kostbar, jedoch sehr lose. Es gibt kein Bezugskinder, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.
Wir Eltern müssen uns, da es ein Verein ist, deutlich mehr einbringen. Dadurch wächst auch bei der Elternschaft ein Zusammengehörigkeitsgefühl und Verantwortung gegenüber dem Waldkindi.
Da wird an Aktionstagen dann gerne die Waldhütte oder der Spielgruppenbauwagen instand gesetzt während hauptsächlich die Mütter Würstchen über dem offenen Feuer Grillen.
Ich weiß, es hört sich kitschig an, aber es bringt Familien wieder mehr zusammen und macht einem bewusst, wie wichtig die Natur für uns und unsere Kinder ist.
Ich hoffe, ihr trefft die passende Wahl für eure Kinder. Immer einfach dem Bauchgefühl nach:)
Hier noch eine kleine Liste an Dingen, die so ein Waldkindi-Kind braucht:
- Trekking Schuhe (am besten und gerade im Winter knöchelhoch)
- Outdoorhose
- Leggings
- Zip-in Jacke (wir bevorzugen die Marke die so anfängt wie ein nordisches Land)
- Fleece-Weste
- Fleece-Jacke
- Regenhose
- Gute Gummistiefel
- Verschiedene Kopfbedeckungen
- Kindergartenrucksack mit Bauch- und Schultergurt
- Kleines Stück Isomatte zum Sitzen
- Behälter zum Sammeln von Schätzen
Übrigens macht es Sinn an Tagen, an denen man das Kind vor lauter Matsch kaum erkennt, entweder Wechselklamotten im Auto zu haben oder einen Großen Müllsack, in den man das Kind bis unter die Achseln stecken kann, bevor es in den Autositz kommt 😉
Alles Liebe,
Viktoria