Spätestens seit Pisa 2000 ist klar: Ohne ein gescheites Leseverständnis ist im Leben nichts zu gewinnen. Egal ob in der Schule, beim Bäcker oder in den Öffentlichen: Kannst du nicht gut lesen, kannst du vieles nicht verstehen und verbaust dir wichtige Zugänge.
Was macht man aber, wenn das eigene Kind schon vor Schuleintritt fast fließend liest ?
Madita hat Glück im Leben. Sie hat eine große Schwester, die ihr vieles beibringt und von der sie sich viel abschauen kann. „Zeig doch mal genau“ sagt sie dann oft zu Lotta und Lotta, die sehr geduldig ist, erklärt. Sie erklärt ihr wie man Baupläne von Lego liest, wie der Federball am Weitesten fliegt, wie man schwimmt oder wie man einen Salto auf dem Trampolin macht. Und sie hat ihr das Lesen beigebracht.
Madita hat schon früh Wörter erkannt, aber eben eher als Bilder. „Ich kann schon lesen, siehst du ?¨hat sie dann immer zu uns gesagt und Wörter aneinander gereiht. Irgendwann hat sie sich jedoch Lottas alte ABC-Fiebel geschnappt und Lotta hat mit ihr gelesen. Viele „Momos“, „Mimis“ und „Mulis“. Bis zu diesem Zeitpukt war das sehr niedlich, wie die beiden da hockten und Wörter bildeten. Dann kam der Winter und Madita hatte alle Buchstaben des Alphabets gelernt. Immer öfter las sie Ortsnamen, Schilder oder Aufdrucke auf Einkaufstüten laut vor und fragte mich, was sie denn genau bedeuten. Sie las mit mir abends beim Einschlafen mit und hörte kaum noch zu, weil sie mit dem Dekodieren der Buchstaben so schwer beschäftigt war, dass ich mich schließlich mit dem Buch von ihr wegdrehen musste, wenn ich wollte, dass sie mir zuhörte.
Heute liest Madita Bücher für die 2./3. Klasse. Sie erkennt alle Gelenkstellen und hat keine Schwierigkeiten auch längere Wörter zu lesen. Das macht mich natürlich sehr stolz und doch bin ich besorgt. Was passiert mit ihr, wenn sie im Sommer eingeschult wird ? Wird sie sich das erste Schuljahr langweilen müssen ? Ich habe schon über ein Gespräch mit der zukünftigen Klassenlehrerin nachgedacht, weiß aber leider nicht, wer es wohl werden wird. Ich möchte eigentlich nicht, dass sie aufgrund ihrer Leseflüssigkeit gleich in eine zweite Klasse versetzt wird. So bleibt es sehr spannend bei uns, wie Maditas erste Schulwochen im September verlaufen werden.
Für nun die Eltern unter Euch, die sich denken „Ich wünschte, dass mein Schulkind so liest“ oder die sich einfach eine Verbesserung der Leseflüssigkeit beim Nachwuchs wünschen, habe ich eine kleine Anleitung aus didaktischer Sicht mit dem Lesetandem, das ich in meiner Klasse zweimal die Woche anwende und zu fantastischen Ergebnissen geführt hat:
- Sucht euch gemeinsam mit eurem Kind ein Lieblingsbuch aus
- Erklärt, dass ihr heute in die Rolle des Trainers und die Kinder in die Rolle des Sportlers schlüpfen werdet
- Startet gemeinsam mit „3,2,1, los!“ und lest halblaut zusammen einen Text
- Der Trainer führt dabei den Finger beim Lesen mit
- wird ein Wort vom Sportler falsch gelesen, tippt der Trainer ihn an der Schulter an, liest das Wort richtig und gemeinsam beginnen beide am Satzanfang nocheinmal zu lesen
- der Sportler kann mit einem Handzeichen den Trainer informieren, dass er alleine weiterlesen möchte
- der Trainer lobt den Sportler
Die Vorteile des Lesetandems liegen auf der Hand: Durch das Mitlesen des Trainers verstehen die Sportler die Zusammenhänge der einzelnen Textabschnitte deutlich besser und lernen sich an einem Modell (Trainer) zu orientieren. Gerade, wenn ein Text mehrmals hintereinander gelesen wird, ist eine Verbesserung sehr schnell für den Sportler sichtbar. Lesetandems können überall praktiziert werden und brauchen nichts weiter als einen Text. Außerdem wird durch das gleichzeitige Lesen niemand bloßgestellt.