Regennachmittage.

Warum Langeweile zwar pädagogisch wertvoll, aber nicht immer selbstbestimmt sein sollte.

Es regnet. Schon den dritten Tag in Folge. Legohäuser und ganze Ortschaften wurden erbaut, der Kaufmannsladen ist geschlossen, da ein kürzlicher Einkauf alle Vorräte aufgekauft hat und das tägliche Fernsehpensum ist so hoch heilig, dass es vor 18:30 Uhr keine der beiden Damen beanspruchen will. Also was jetzt? Langeweile.

Klar, Studien belegen, dass Kindern manchmal einfach langweilig sein muss, um ihre Kreativität zu entfalten. Studien sind toll. Sie geben uns wichtige Infos und dürfen gerne ernst genommen werden. Genau dann aber, wenn meine Kinder zum 10. Mal innerhalb von 2 Minuten zu mir sagen: ,Mamaaaaa, mir ist langweilig. Was kann ich jetzt tun?‘ und mein rechtes Auge schon wieder dieses nervöse Zucken bekommt, genau dann pfeiff ich auf diese Studien.

Manchmal braucht es nämlich eine Art Stups in die richtige Richtung, um Kinder in ihre Selbstbestimmung zurückzuführen.

Märchennachmittage

Eine meiner liebsten Regennachmittagsaktivitäten sind unsere Märchennachmittage.

Ich suche mir aus einem unserer Märchenbücher ein Märchen aus oder nehme Märchenwünsche entgegen. Warum suche ich aus und nicht die Kinder? Wir entscheiden oft innerhalb von wenigen Sekunden anhand von Titel und/oder Cover, ob wir einen Text oder ein Buch lesen. Frei nach dem Motto ,Don’t judge the book by its cover‘ wähle ich daher aus, denn nicht immer hört sich der Titel so vielversprechend an, wie die Geschichte dahinter.

Wir kuscheln uns also gemeinsam auf die Couch, am besten mit Keksen und einer großen Decke. Dann beginne ich damit das Märchen vorzulesen. Oft sprechen wir danach darüber, wie das Märchen weitergehen könnte oder was den beiden Damen am besten gefallen hat.

Wenn sie sich dann für eine Szene oder ähnliches entschieden haben, helfe ich gern bei der Umsetzung. Manchmal brauchen sie unbedingt Schminke oder etwas Stoff zum Verkleiden, meistens reicht die Verkleidungskiste mit schätzungsweise 20 Kostümen und einigen großen Laken sowie einige Kuscheltiere aus.

Und so kommen die Kinder von ganz allein ins Spiel und entdecken eine völlig neue Welt. Manchmal lassen sie mich daran teilhaben und spielen mir eine Szene vor, meistens bleiben sie aber unter sich.

Und das ist vollkommen in Ordnung. Denn etwas vorzutragen, bedeutet auch immer gesehen zu werden und im schlimmsten Fall bewertet zu werden. Die Mädchen sollen also doch bitte selbst entscheiden, wann sie etwas für präsentierbar halten und wann sie ihre Gefühle für sich behalten wollen.

Was aber immer passiert, sind kognitive Prozesse in den Köpfchen der Beiden. Sie behalten die selbst gespielten Geschichten und erfahren durch das Nachspielen, wie es ist, in fremde Rollen zu schlüpfen und Gefühle zu erspüren, die mit ihren Rollen verbunden sind. Auf Deutsch: Sie lernen, empathisch zu sein.

Dabei geht es mir überhaupt nicht darum, dass die Kinder doch bitte auch etwas beim Spielen lernen oder noch schlimmer: Kernkompetenzen verbessern. Aber ist es nicht irgendwie schön, wenn man als Mutter sieht, dass das, was die Kinder tun, wertvoll ist ? Für ihr eigenes Leben und für das Miteinander, mein ich.

Also, falls Ihr Euch einmal wieder mit dem Thema Langeweile konfrontiert seht und Kinder habt, die gerne Rollenspiele spielen, probiert es gern einfach mal aus.

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