Bedürfnisorientiert erziehen, das ist in aller Munde. Kindern Raum geben und vor allem als Elternteil auf ihre Bedürfnisse eingehen scheint der Pfad zu einer ertragreichen Eltern-Kind-Beziehung zu sein. Respektvoll und Tolerant.
Wir Eltern achten dadurch zwangsläufig viel mehr auf die Bedürfnisse, die unsere Kinder entwickeln. Es tut uns gut zu sehen, wie sie in dem, was sie tun, aufgehen, gerade weil sie es eben von selbst tun wollen und nicht genötigt werden. Und doch bedeutet bedürfnisorientierte Erziehung eine kleine Aufopferung der Eltern ihren Kindern gegenüber.
Versteht mich nicht falsch, ich versuche in verschiedenen Bereichen absolut bedürfnisorientiert zu erziehen, aber eben beidseitig. Das heisst, mal achte ich auf die Bedürfnisse meiner kleinen Damen, und mal achten sie aber eben auch auf meine.
Neulich zum Beispiel hatten wir Freunde hier zu Besuch. Es wurde abends und wir hatten schon die erste Flasche guten Wein geköpft. Keiner von uns hatte in dem Moment das Bedürfnis, sich ausgiebig um die Kinder zu kümmern. Das haben die Damen gemerkt. Lotta kam dann auf mich zu und sagte, dass sie sich jetzt Bettfertig machen würden, da wir offensichtlich gerade nicht so viel Zeit für sie beide hätten (was ja auch irgendwie stimmte). Unsere Freunde waren ganz baff über diese (für mich völlig normale) Aussage unserer großen Tochter. Da erklärte ich, dass wir bedürfnisorientiert erziehen, aber eben auf unsere beiden Bedürfnisse. Sprich es gibt Zeiten, da setzte ich mich für meine Kinder ein um auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können und mich für sie voll und ganz aufzuopfern. Und dann gibt es andere Zeiten, wo ich einfach meinen Bedürfnissen nachgehen möchte, und das nicht erst nach dem Auszug mit 18 oder 19 Jahren.
Also liebe Mütter (und Väter), nehmt euch auch Zeit für euch, vor allem im Alltag, stellt eure eigenen Bedürfnisse nicht vollkommen hinten an! Nur eine mit sich halbwegs zufriedene und befriedigte (nein ich meine nicht sexuell, ausser das ist gerade euer Bedürfnis;) )Mutter ist auch eine funktionierende Mutter für ihre Kinder ! Zeigt euren Kindern, dass auch ihr mal eine Auszeit braucht. Sie werden es euch nicht nur nachsehen, sondern vor allem erleben, dass eben jeder Mensch seine Kapazitäten hat und nicht ewig mit voller Batterie läuft.
Bisher fahren wir mit diesem selbstentwickelten Modell recht gut und fühlen uns wohl damit, nicht eine harte Linie fahren zu müssen, quasi Flexitarier im Erziehungsfeld zu sein, sozusagen Flexieducarier. Ich hab nämlich das Gefühl mich in der heutigen Zeit viel mehr rechtfertigen zu müssen, als meine Eltern noch.
Besonders positiv finde ich übrigens, dass nicht nur wir Eltern, sondern auch unsere Kinder sehr feine Antennen dafür entwickeln, was wir gerade brauchen und es ein sehr respektvolles Miteinander ist. Ich spreche hier selbstverständlich nicht von einer perfekten heilen Welt, aber von Idealen, die wir vertreten und die im Alltag meistens wirklich funktionieren.
Schön beschrieben 🙂 wir machen es genauso: auf die Bedürfnisse von allen achten und abwägen, wessen Bedürfnis gerade größer ist. DAS ist der Kern von „bedürfnisorientiert“. Denn Bedürfnisorientiert hat keine Richtung.