Komplimente werden wenig verteilt. In der heutigen Gesellschaft zählt es wohl vor allem in etwas der oder die Beste zu sein. Dann wird einem ein anerkennendes Kopfnicken zuteil oder es kommt ein „gut gemacht“. Wahre Komplimente sind also zu einem raren Gut geworden, dass sich meiner Meinung nach dringend wieder vermehren sollte.
Aber wie vergebe ich Komplimente und ist jedes Kompliment, das ich bekomme, auch wirklich ein echtes Kompliment?
Ich hole Lotta vom Training ab. Sie berichtet mir stolz, dass sie heute von einem erwachsenem Fußballer im Tor trainiert wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen hielt sie viele seiner Bälle und bekam am Ende des Training von ihm den wohlwollenden Hinweis „für ein Mädchen bist du ganz schön gut“.
Im Auto erzählte sie mir stolz von dieser Äußerung und noch während sie mir von dem vermeintlichen Kompliment erzählte, stockte sie immer mehr und überlegte laut, ob es denn jetzt gut oder schlecht sei, was er gesagt hatte.
Ihre Überlegung führte zu folgendem:
Wenn sie ganz schön gut für ein Mädchen wäre, hieße das entweder, dass Mädchen per se nicht Fußball spielen können und sie eine Ausnahme bildet, oder dass Mädchen generell einfach schwächer sind. Beides hörte sich für sie auf einmal gar nicht mehr wie ein Kompliment an. Für mich übrigens auch nicht.
Viel mehr gleicht es bei näherer Betrachtung doch eher einer Beleidigung gegenüber der weiblichen Rasse, oder? Wieso sollen Mädchen nicht gut schießen oder blocken können? Können sie auch weniger gut kämpfen oder Motokross fahren? Und was macht das mit dem Rollenbild?
Trotz intensiver gender sensitiver Diskussionen scheint man doch oft auf dieses Stereotypdenken zu stoßen. Für uns Erwachsene mag das einfach zu durchblicken sein und wir nehmen es nicht an. Kinder jedoch sind sehr empfänglich für solche „Nicht-Komplimente“, die ihnen unbestimmt einen bestimmten Platz vermitteln.
Was kann ich also für mein Kind und auch für andere tun?
Komplimente sollten eine Art authentisches Geschenk an jemanden sein. Da ich in der Erziehung ein großer Fan von Rosenberg bin, habe ich mir angewöhnt, folgende Regeln für Wertschätzungen einzuhalten:
- Sage deinem Kind ganz konkret, was es gut gemacht hat. („Ich bin froh, dass du gestern deine Hausaufgaben gemacht hast.“)
- Erkläre, warum das für dich so wichtig ist und versuche dein Grundgefühl dabei zu berücksichtigen. („…, weil ich sehe, dass du dadurch jetzt mehr Zeit zum Spielen hast.“)
- Vermeide einfach Floskeln wie „Das hast du toll gemacht“ oder „Schön“ genauso wie Vergleiche. (Negativbeispiel: Dafür, dass du noch nicht so lange lesen kannst, hört es sich schon ganz schön an)
- Der Ton macht die Musik 🙂
- Suche dir einen besonders ruhigen Augenblick für dein Geschenk an dein Kind.
So, in mir hat sich wieder einiges bewegt und ich werde wieder etwas in die Gewaltfreie Kommunikation eintauchen. Startet gut in die Woche und bleibt achtsam 🙂